Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat von einer "besorgniserregenden Entwicklung" bei der Ausbreitung des Coronavirus in Nordrhein-Westfalen gesprochen. "Jetzt beginnen ernste Monate, sodass wir verstärkt auf die Beachtung bestimmter Regeln achten müssen." Viele Menschen seien zu leichtfertig geworden: "Jeder einzelne trägt dazu bei, dass wir das Virus bekämpfen."

Einen besonderen Appell richtete Laschet an junge Menschen: Es sei deren solidarische Pflicht, nicht nur an sich, sondern auch an andere zu denken. In der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen gibt es in NRW im Moment besonders viele Corona-Fälle. Häufig sind sie den Behörden zufolge auf Partys und große Feste zurückzuführen.

Laschet forderte die Bürger auf, Reisen innerhalb Deutschlands in den Herbstferien möglichst zu unterlassen. Auch bei privaten Feiern wie Hochzeiten oder Geburtstagen solle man nun seine Planungen ändern: "Verzichten Sie jetzt auf Feiern auf engem Raum", mahnte Laschet. "Jeder, der im Moment etwas zu feiern hat, sollte dieses in diesen Zeiten unterlassen. Wir müssen alle jetzt vorsichtig sein."

Darüber hinaus komme es auf den richtigen Schutz der Menschen an. Laschet kündigte eine "Vollzugsoffensive" gegen Verletzungen der AHA-Regeln an. Außerdem sei eine lückenlose Kontaktverfolgung von Infizierten entscheidend. "Wenn wir jetzt alles richtig machen, wird es keinen zweiten Lockdown geben. Alle unsere Maßnahmen dienen diesem Ziel."

Man müsse mit Blick auf den Herbst und Winter vorausschauend handeln: "Wir brauchen konzertierte, konzentrierte und zielgerichtete Maßnahmen." Dazu gehörten mehr bundeseinheitliche Regeln, "die die Menschen verstehen". Kein Bundesland habe derzeit eine Sonderrolle, da fast alle mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hätten.

Obergrenze für Veranstaltungen

Es bleibe aber dabei, dass die Pandemie "lokal und zielgerichtet bekämpft" werden solle. In den Coronavirus-Hotspots würden landeseinheitliche Regelungen gebraucht, damit für jeden klar sei, welche Regeln gelten.

Sobald ein Kreis oder eine kreisfreie Stadt in NRW die Grenze von 50 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen überschreite, sollen sich dort nur noch bis zu fünf Personen aus verschiedenen Haushalten in der Öffentlichkeit treffen dürfen. Für öffentliche Veranstaltungen sollen strengere Obergrenzen für die Teilnehmerzahl gelten. Für Feiern in privaten Räumen soll die Teilnehmerzahl dann auf 25 begrenzt werden.

Das Wichtigste sei, dass aus den vermehrten Infizierten nicht schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle würden. Laschet betonte die Wichtigkeit eines verlässlichen Schutzes für besonders verletzliche Personengruppen.

"Opfer bei privaten Feiern bringen"

Als Maßnahmen in einer neuen Verordnung, die spätestens am 1. November in Kraft treten wird, sind unter anderem weiter begrenzte Öffnungszeiten von Kneipen und Gaststätten vorgesehen. Da NRW landesweit auf die kritische Inzidenzzahl von 35 zusteuere, würden auch nur noch maximal 50 Personen bei Feiern erlaubt.

Der CDU-Politiker sagte aber zugleich, es sei jetzt "wirklich wichtig, das wirtschaftliche und öffentliche Leben aufrechtzuerhalten". Dafür sei es nötig, bei privaten Feiern Opfer zu bringen.

Höchste Ansteckungsrate aller Bundesländer

Wegen der vielen Neuansteckungen mit dem Coronavirus in Nordrhein-Westfalen tagte das Landeskabinett von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Sonntag. NRW hat seit Tagen die höchsten Ansteckungsraten aller deutschen Flächenländer. Am Sonntag meldete das Landeszentrum Gesundheit 34,1 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen, 1,7 mehr als am Vortag.

Der Grenzwert von 50 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen wurde auch in Essen überschritten. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag bei 57,3, wie das Landeszentrum für Gesundheit in Nordrhein-Westfalen am Sonntag mitteilte. Damit müssen sich die Menschen in Essen auf Einschränkungen im Alltag einstellen.

Köln hatte bereits am Samstag die Schwelle von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen überschritten. Dort gelten nun Einschränkungen für das öffentliche Leben: Auf Straßen und Plätzen darf abends ab 22 Uhr kein Alkohol mehr konsumiert werden. An Wochenenden gilt an Partyhotspots ein Verkaufsverbot für Alkohol. Auch dürfen sich nur noch bis zu fünf Personen aus verschiedenen Haushalten in der Öffentlichkeit treffen. In Fußgängerzonen müssen die Menschen Masken tragen.

Pause für Berlins Nachtleben

In Berlin gilt seit Samstag eine Sperrstunde. Das Nachtleben der Stadt pausierte damit von 23 bis 6 Uhr – oder zumindest sollte es das. In den beiden ersten Nächten mit der neuen Regelung musste die Berliner Polizei einige Lokale schließen und größere Gruppen auflösen. Im Freien dürfen sich in der Nacht nur noch fünf Personen versammeln. Bei privaten Zusammenkünften in geschlossenen Räumen dürfen sich nur noch höchstens zehn Menschen treffen.

Bundesweit stieg die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen am Sonntag um 3.483 an, wie das Robert Koch-Institut mitteilte.